Auf diese Unterschiede zwischen den Nahtmaterialien kommt es an

Die Suche nach dem richtigen Nahtmaterial für jede Wunde ist vermutlich so alt wie die Chirurgie selbst. Viele Jahrhunderte lang war Tierdarm das am weitesten verbreitete Material für Fäden, doch die Frage, ob verschiedene Nahtmaterialien auch Unterschiede in Bezug auf Handhabbarkeit und Wundheilung mit sich bringen könnten, wurde im Lauf der Zeit immer wieder gestellt. Daher verwundert es kaum, dass auch die Geschichte der chirurgischen Nahtmaterialien voller Trends ist: Während Chirurgen im antiken Griechenland reißfeste Fäden aus Seide empfahlen, erfreute sich beispielsweise im 19. Jahrhundert feiner Silberdraht aufgrund seiner entzündungshemmenden Eigenschaften besonderer Beliebtheit.

Und heute? Heute hat medizinisches Fachpersonal erst recht die Qual der Wahl, denn neben Metalldrähten und nativen Fäden stehen inzwischen auch synthetische Nahtmaterialien zur Verfügung – und je nachdem, wie die Rohstoffe verarbeitet wurden, können Fäden aus ein- und demselben Material für ganz unterschiedliche Anwendungen geeignet sein. In diesem Artikel zeigen Ihnen die Expert:innen von Wörner Medizinprodukte, welche charakteristischen Vor- und Nachteile metallische, synthetische und native Fäden haben und warum es bei der Auswahl von Nahtmaterial auch Unterschiede in der Verarbeitung dieser Fäden zu beachten gilt.

 

Material, Verarbeitung und Resorption: Auf diese Unterschiede beim Nahtmaterial kommt es an

Jede Wunde ist anders – und aus genau diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Sie bei der Wahl der chirurgischen Fäden genau wissen, welche Eigenschaften Sie priorisieren. Selbst kleine Unterschiede zwischen Nahtmaterialien können große Auswirkungen auf die Handhabung des Fadens und den Verlauf der Behandlung haben. Wir empfehlen unseren Kund:innen, sich bei der Entscheidung an drei zentralen Parametern zu orientieren: Am Material der Fäden, an der Verarbeitung und an der Bedeutung der Resorption für den Wundheilungsprozess.

Unterschied #1: Das Material der Fäden

Der grundlegendste Unterschied zwischen Nahtmaterialien besteht in der Wahl des Rohstoffs. Je nachdem, aus welchem Material sie bestehen, werden chirurgische Fäden einer von drei Grundkategorien zugeordnet – den metallischen, synthetischen oder nativen Nahtmaterialien.

Metallfäden: Streng genommen handelt es sich bei diesen chirurgischen Fäden um feine Drähte aus Edelstahl. Sie sind stark, flexibel und nicht anfällig für Keimbelastung. Im Unterschied zu anderen Nahtmaterialien kommen Metallfäden heutzutage allerdings eher selten zum Einsatz. Einer der Gründe dafür ist ihre Elastizität, denn da die feinen Drähte im Unterschied zu anderen Nahtmaterialien stark federn, sind sie auch entsprechend schwer zu handhaben und lassen sich auch schlecht verknoten.

Native Fäden: In diese Kategorie fallen alle chirurgischen Fäden, die aus organischen Materialien wie Seide, Baumwolle, Leinen oder Tierdarm angefertigt werden. Native Nahtmaterialien sind besonders verträglich. Manche von ihnen können auch vom Körper selbst abgebaut werden, was die Herstellung resorbierbarer Fäden ermöglicht. Im Gegensatz zu Metallfäden und synthetischen Fäden können organische Materialien jedoch auch einen Nährboden für Erreger bieten, weshalb native Fäden Infektionen begünstigen können. Außerdem lassen sich organische Nähte oft schmerzhafter entfernen als solche, die mit Metalldrähten oder synthetischem Nahtmaterialien angefertigt wurden.

Synthetische Fäden: Heutzutage sind synthetische Polymere das meistgenutzte Material für chirurgisches Fäden. Im Vergleich zu Metalldrähten und nativen Nahtmaterialien bieten synthetische Fäden einen Mittelweg zwischen leichter Handhabbarkeit und schneller Heilung. Da viele synthetische Stoffe vom Körper rückstandslos abgebaut werden können, werden auch aus synthetischen Materialien sowohl resorbierbare als auch nicht resorbierbare Fäden hergestellt.

Unterschied #2: Die Verarbeitung der Fäden

Sowohl Metalldrähte als auch synthetische und native Fäden gibt es in unterschiedlichen Verarbeitungsvarianten. Für die Auswahl des passenden Fadens im konkreten Anwendungsfall sind diese sekundären Unterschiede zwischen Nahtmaterialien ebenso relevant wie das Material, aus dem die Fäden bestehen, denn die Verarbeitung entscheidet maßgeblich über Eigenschaften wie die Handhabung und den Halt von Knoten – die sogenannte „Knotenbruchfestigkeit“. Die beiden zentralen Faktoren sind hierbei die Fadenstärke und Zahl der einzelnen Fäden, aus denen das Nahtmaterial besteht.

  • Fadenstärke: Der Durchmesser eines Fadens ist einer der größten Faktoren für seine Stärke. Je dicker der Faden, desto stärker kann infolgedessen auch die Naht werden. Allerdings hinterlassen dickere Fäden auch größere Stichkanäle, was wiederum die Narbenbildung begünstigt. Als Faustregel gilt daher: Chirurgisches Nahtmaterial sollte stets nur so dick wie unbedingt nötig sein.
  • Monofile oder polyfile Verarbeitung: Chirurgische Fäden können entweder einzeln (monofil) benutzt oder zu mehrfädigen (polyfilen) Nahtmaterialien weiterverarbeitet werden. Aufgrund ihrer glatten Oberfläche gleiten monofile Fäden einerseits sauber durch Gewebe und beugen so Narbenbildung vor. Andererseits sind monofile Fäden gerade aufgrund ihrer glatten Oberfläche auch schwerer zu handhaben. Hier sind polyfile Fäden im Vorteil: Der Unterschied im Nahtmaterial besteht darin, dass für polyfile Materialien mehrere Fäden miteinander verzwirnt oder geflochten werden. Dadurch entsteht ein Faden, der Knoten besser hält, im Gegenzug aber das damit genähte Gewebe stärker strapaziert und auch mehr Fläche bietet, auf der sich Keime ansiedeln können.

Unterschied #3: Resorbierbare und nicht resorbierbare Fäden

Der dritte Unterschied zwischen Nahtmaterialien, den es bei der Auswahl eines Fadens zu bedenken gilt, ist die Bedeutung der Resorption für den Wundheilungsprozess. Resorbierbares Nahtmaterial kann vom Körper selbst aufgelöst werden. Historisch betrachtet, war Tierdarm – das sogenannte Katgut – wahrscheinlich das erste und am weitesten verbreitete resorbierbare Nahtmaterial. Heute werden vor allem resorbierbare Fäden aus synthetischem Material benutzt, das sich je nach Machart innerhalb von Tagen, Wochen oder Monaten auflöst. Resorbierbares Nahtmaterial erspart den Patienten eine weitere Behandlung für das Ziehen der Fäden und verringert dadurch die Infektionsgefahr. Nicht-resorbierbare Fäden werden an sich nur noch benutzt, wenn die Wunde keine Schwierigkeiten bei einem Zweittermin für das Ziehen bereitet, oder wenn die Fäden als Implantat verbleiben sollen.

 

Welches Material ist das richtige für welche Naht?

Vom Material über die Verarbeitung der Fäden bis hin zu ihrer Resorption hat jedes Nahtmaterial eine Vielzahl von Eigenschaften, die sich darauf auswirken können, ob diese Fäden im konkreten Anwendungsfall zu empfehlen sind oder nicht. Die zentrale Frage bei der Auswahl chirurgischer Fäden lautet: Was braucht die Wunde, um optimal zu heilen? Ausgehend davon gilt es, ein Nahtmaterial zu finden, das den Anforderungen des konkreten Einzelfalls gerecht wird.

Anstatt die oben dargestellten drei Parameter als Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Auswahl der Fäden zu verwenden, ist es ratsam, anhand der wichtigsten erforderlichen Eigenschaften eine Vorauswahl unter den zur Verfügung stehenden Nahtmaterialien zu treffen. Muss das Gewebe gestützt werden, ist etwa ein entsprechend stabiler Faden erforderlich. Wird eine Operation im Körperinneren vorgenommen werden soll, eignet sich resorbierbares Nahtmaterial am besten – schließlich wäre sonst ein zweiter Eingriff nötig, um die Fäden zu ziehen.

Außerdem sollte ein Faden nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, weil er im Vergleich zu anderen Nahtmaterialien schwerer zu handhaben sein könnte. Dünne Monofilamente aus synthetischem Material sind beispielsweise schwer zu benutzen, knoten schlecht, haben schwache Knotenstärke und verlieren im Körper schnell an Stabilität – aber sie gewährleisten auch geringe Vernarbung und bergen im Gegensatz zu organischem Material oder Polyfilamenten ein deutlich verringertes Infektionsrisiko. Zwar spielt die Passung zwischen dem Nahtmaterial und seinen Anwender:innen auch eine nicht zu vernachlässigende Rolle für den Behandlungserfolg, doch stellt sich auch in diesem Fall schlussendlich stets die Frage, was diesen Erfolg im konkreten Anwendungsfall ausmacht – und welcher Faden am besten dazu beitragen kann.

 

Sie haben Fragen zu unseren Fäden?

Suchen Sie nach einem chirurgischen Faden aus einem ganz bestimmten Material? Oder haben Sie bereits mehrere passende Nahtmaterialien gefunden und möchten mehr über die Unterschiede der einzelnen Produkte aus unserem Sortiment erfahren? Was auch immer Sie brauchen: Wir stehen Ihnen gerne mit Rat und Naht zur Seite. Kontaktieren Sie uns per E-Mail unter info@woerner-medizinprodukte.de oder erzählen Sie unserem Service-Team unter der Rufnummer 07121 – 696 20 50, für welche Anwendung Ihnen noch das passende Nahtmaterial fehlt. Die Expert:innen von Wörner Medizinprodukte beraten Sie gern – kostenlos und unverbindlich.