Materialien für resorbierbare Fäden im Überblick

Schon vor Jahrtausenden haben Menschen Wunden mit Fäden aus Tierdarm genäht. Die Vorteile dieses Nahtmaterials liegen auch heute noch ganz klar auf der Hand: Naturdarm ist ebenso reißfest wie elastisch und wenn die Wunde erst einmal verheilt ist, kann der Körper die Naht selbst auflösen. In Zeiten vor chirurgischer Hygiene, wie wir sie heute kennen, machte das resorbierbare Material diese Fäden zu echten Lebensrettern – schließlich birgt jeder Kontakt mit einer Wunde stets auch das Risiko einer Infektion oder Entzündung.

Kein Wunder also, dass resorbierbare Fäden auch heute noch zu den wichtigsten Materialien zählen, wo immer in der Medizin eine Naht erforderlich ist. Neben nativem Nahtmaterial stehen der modernen Medizin allerdings auch andere Materialien für resorbierbare Fäden zur Verfügung. In diesem Artikel zeigen Ihnen die Expert:innen von Wörner Medizinprodukte, aus welchen Materialien resorbierbare Fäden heute hergestellt werden, charakteristischen Eigenschaften sie alle verbindet – und warum bei der Wahl des passenden Nahtmaterials sowohl die Resorptionszeit als auch die Auflösungszeit eine wichtige Rolle spielt.

Was zeichnet resorbierbares Nahtmaterial aus?

Das Verb „resorbieren“ hat lateinische Wurzeln: Es ist von „resorbere“ abgeleitet, was so viel wie „herunterschlucken“ bedeutet. Angewandt auf einen Organismus, der mit einem Fremdkörper – und nichts anderes ist das Nahtmaterial – umgehen muss, beschreibt Resorption einen Prozess der Aufnahme. Die körpereigenen Enzyme lösen die Naht dabei in Einzelteile auf, die der Organismus aufnehmen und so verstoffwechseln kann, dass vom Material der Fäden nichts zurückbleibt.

Im Umkehrschluss folgt daraus, dass Nähte aus resorbierbaren Materialien nicht gezogen werden müssen. Für die Patient:innen und das medizinische Fachpersonal birgt das gleich drei große Vorteile. Erstens ist kein zusätzlicher Termin erforderlich, um die Naht zu ziehen und so den Abschluss der Wundheilung zu ermöglichen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist allein das bereits ein starkes Argument. Darüber hinaus schont resorbierbares Nahtmaterial aber auch die Gesundheit des Patienten, dem – zweitens – ein erneuter invasiver Eingriff erspart bleibt. Und drittens muss die Wunde insgesamt weniger bearbeitet werden, wodurch das resorbierbare Material der Fäden sogar passiv das Risiko für eine Infektion senken kann.

Aus welchen Materialien werden resorbierbare Fäden hergestellt?

Tatsächlich zählen Fäden aus Tierdarm bis heute zu den Standardmaterialien für resorbierbare Nähte. Anstelle des Katzendarms, den der Name „Catgut“ vermuten lässt, wird als Material für diese resorbierbaren Fäden allerdings typischerweise Rinderdarm verwendet. Seit den 1960er Jahren steht außerdem eine wachsende Zahl leistungsstarker Synthetikfäden zur Verfügung.

Das erste synthetische Material für resorbierbare Fäden wurde 1968 entwickelt und basierte auf Polyglykolsäuren. Auch heutige Weiterentwicklungen dieser Fäden, z.B. Polydioxanon und Polyglyconat, basieren immer noch auf diesem Polyester. Im Vergleich zum traditionellen Catgut haben synthetische Nahtmaterialien den Vorteil, dass sie weit weniger anfällig für Bakterienbefall sind und auch deutlich seltener allergische Reaktionen auslösen als die nativen Nahtmaterialien, zu denen auch Tierdarm zählt.

Was unterscheidet verschiedene Materialien für resorbierbare Fäden?

Üblicherweise werden die Materialien für resorbierbare Fäden in drei Kategorien unterteilt: kurzfristig, mittelfristig und langfristig resorbierbare Nahtmaterialien. Als Grundlage für diese Einteilung dient die sogenannte Resorptionszeit, d.h. die Frist, nach deren Ablauf das Nahtmaterial noch die Hälfte seiner effektiven Zerreißkraft besitzt. Als Faustregel gilt dabei: Je schneller das Material vom Körper resorbiert wird, desto schneller verliert der Faden auch an Stabilität.

Aus diesem Grund wirken sich neben dem Material auch der Durchmesser eines Fadens sowie die Machart des Nahtmaterials auf seine Resorptionszeit aus. Dicke Fäden werden langsamer vom Körper resorbiert, weil eine größere Materialmenge abgebaut werden muss, bleiben dafür aber eben auch länger stabil als dünnere Fäden. Ähnlich verhält es sich auch bei geflochtenen Fäden: Da sie aus mehr Material bestehen als Monofilamente mit identischem Durchmesser, fällt ihre Resorptionszeit im Vergleich zumeist ein wenig länger aus.

Was es bei der Wahl resorbierbarer Nahtmaterialien zu beachten gilt

Grundsätzlich ist eine schnelle Resorption insofern wünschenswert als eine allzu langsam abgebaute Naht die Gesundheit des Patienten belasten kann. Kommt es zu Fremdkörperreaktionen, sind etwa Entzündungen eine mögliche Folge. Wird das Nahtmaterial jedoch zu schnell abgebaut, wird die Wunde eventuell nicht lang genug unterstützt. Muss eine Naht großen Belastungen standhalten, erweisen sich daher mittel- oder langfristig resorbierbare Fäden oft als beste Option – denn wenn eine Wunde wieder aufreißt, ist auch nichts gewonnen.

Infolgedessen gilt es, das Material für resorbierbare Fäden stets mit Blick auf die Anforderungen der Wunde auszuwählen. Um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, welche Nahtmaterialien im konkreten Anwendungsfall infrage kommen, können Sie sich an den folgenden drei Faktoren orientieren:

1. Wundunterstützung: Die Resorptionszeit sollte ungefähr mit der minimal geforderten Zeit der effektiven Wundunterstützung übereinstimmen. Zu lange Resorptionszeiten bedeuten steigendes Entzündungsrisiko – doch ist die Resorptionszeit zu kurz, kann die Naht schlimmstenfalls vor Abschluss der Wundheilung versagen. Aus diesem Grund ist die Resorptionszeit der Faktor, der bei der Entscheidung für oder gegen ein bestimmtes Material für resorbierbare Fäden stets oberste Priorität haben sollte.

2. Auflösungszeit: Nach Ablauf dieser Frist sollte das Nahtmaterial vollständig aufgelöst sein. Das macht die Auflösungszeit zur zweitwichtigsten Frist, die Sie bei der Auswahl des passenden Nahtmaterials bedenken sollten. Im Idealfall sollte das Material für resorbierende Fäden die geringste Auflösungszeit haben, die Sie mit den Anforderungen an die Wundunterstützung vereinbaren können.

3. Empfindlichkeit: Dicke Nähte halten besser und länger und sind auch für das behandelnde medizinische Fachpersonal zumeist leichter zu handhaben. Allerdings werden dicke Nahtmaterialien aber auch langsamer resorbiert – und je nachdem, wie empfindlich das verletzte Gewebe ist, können Nähte mit großer Fadenstärke auch eine zu große Belastung darstellen. Als dritten Faktor sollten Sie daher stets auch die Eigenschaften des zu nähenden Gewebes in Ihre Produktauswahl einbeziehen.

Bei Nähten an schwer zu erreichenden Stellen kann zudem das Handling der Fäden eine wichtige Rolle spielen. Geflochtene Fäden können in diesen Fällen von Vorteil sein, da sie sie eine größere Oberfläche haben und somit mehr Reibung erzeugen als ein Monofilament. Das macht es u.a. leichter, mit diesen Nahtmaterialien präzise Knoten zu setzen. In Anbetracht der höheren Resorptions- und vor allem Auflösungszeit geflochtener Fäden gilt es jedoch auch hier, die Prioritäten bei der Materialwahl mit Bedacht abzuwägen: Was ist im konkreten Einzelfall wichtiger: kürzere Auflösungszeit oder einfacheres Handling des Nahtmaterials?

Sie haben Fragen zu unseren Fäden?

In Ihrer Praxis oder Klinik wird ein ganz bestimmtes Material für resorbierbare Nähte gebraucht? Oder sind Sie vielleicht auf der Suche nach einer Alternative zu Ihrem aktuellen Nahtmaterial? Wir beraten Sie gern zu allen Produkten aus unserem Portfolio – kostenlos und unverbindlich. Kontaktieren Sie uns per E-Mail unter info@woerner-medizinprodukte.de oder erzählen Sie unserem Service-Team unter der Rufnummer 07121 – 696 20 50, für welche Anwendung Ihnen noch das richtige Nahtmaterial fehlt.